Otti hinkt noch immer. Trotz für den Hund langweiligem Laufen an der Leine, damit er nicht herumtollt, tritt keine wirkliche Besserung ein. Deswegen wird die abendliche Gassirunde spontan mit einem erneuten Tierarztbesuch verbunden. Ich habe meinen Doc um die Ecke und der bringt seit Jahren meine beiden alten Kater immer wieder auf Vordermann. Und er findet Otti großartig.

Können Hunde eigentlich wirklich schauspielern oder haben die sogar Vorahnungen? Je dichter wir der Praxis kommen, desto mehr lässt das Hinken nach. Ottis Hundeblick fleht mich regelrecht an und sagt: „Schau mal, mir geht`s gut, wir müssen da nicht rein … bitte, bitte!“, aber ich lasse mich nicht erweichen. Wer Pitbulls ausführt, bringt auch knallhart seinen Terrier zum Tierarzt. Der Weg dahin hätte aber keine 10 Meter länger sein dürfen, denn dann hätte Otti mich doch rumgekriegt.

Der Doc nimmt die Pfote, testet die Schulter, bewegt alle Gelenke und die Zehen. Und da zuckt Otti. Von wegen, du hast nichts und wir müssen nicht nochmal zum Arzt. Der Hund hat eine Zerrung, also nichts Dramatisches. Das Drama Teil 2 erwarte ich beim Spritzen eines entzündungshemmenden Mittels. Otti drückt sich auf dem Behandlungstisch an mich, ich halte ihn und der merkt nichts. Oder er lässt sich nichts anmerken. Mein Held!

Und weil Otti gerade so schön sitzt, lasse ich auch gleich die Ohrentropfen verabreichen, dann stressen wir den nicht heute Abend nochmal. Ich erzähle dem Arzt, dass Otti am Sonntag dafür einen Maulkorb angelegt bekommen musste, weil er gebissen hat. „Otti beißt mich nicht“ ist die lapidare Antwort, während die Ohrentropfen sich bereits im Gehörgang verteilen und der Arzt das Ohr massiert. Warum macht der Hund bei einem Arzt so einen Alarm, während er bei einem anderen alles klaglos über sich ergehen lässt? Fragen über Fragen …