Hausbesuch

Es ist Montagnachmittag, kurz nach fünf Uhr. Wir klingeln an der Tür eines Reihenmittelhauses und wildes Gebelle zweier Hunde empfängt uns. Adrenalin pumpt, hoffentlich sind die beiden Wachhunde nicht so wild, wie sie sich gerade geben? Wenig später sitzen wir im Wohnzimmer und unterhalten uns über Gott und die Welt, Videospiele und Haustiere, während die eben noch wilden Kreaturen zwischen Andrea und mir auf dem Sofa liegen und sich genüsslich den Wanst kraulen lassen. Ein dritter Hund liegt fernab auf einer Decke und würdigt mich keines Blickes. Wir werden auf Herz, Nieren und vor allem Hirn durchgecheckt. Sind wir in der Lage, uns um einen Hund zu kümmern? Sind wir bereit, uns umzustellen und dem Hund die entsprechende Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen? Wollen wir überhaupt einen Hund? Offenbar können wir, denn kurz darauf werden uns am Laptop diverse Hunde präsentiert, die alle auf ein neues Zuhause warten.

Frau Freudenthal ist nun ganz in ihrem Element und führt ein klassisches Verkaufsgespräch im Stile eines erfahrenen Gebrauchtwagenhändlers: „Sie müssen sich ja nicht gleich entscheiden. Ich biete ihnen eine Pflegestelle an. Das bedeutet, sie nehmen einen Hund bei sich auf, bis er vermittelt wird. Passt es, behalten sie ihn einfach.“ Klingt gut, praktisch ein Hund auf Leihbasis. Und dann kommt es: „Ich habe hier etwas für sie, ein kleiner Rottweiler-Dackel-Mix namens Cora. Ich kenne den Hund noch nicht persönlich, aber ein Vereinsmitglied sagt, dass der auf einem Bauernhof im Zwinger lebt und dort dringend weg muss. Schauen sie sich den doch einfach einmal an.“ Weitere Vorzüge werden beschrieben. Der Hund kann schon ein paar grundsätzliche Befehle und kann gut an der Leine laufen, der Rest ist zu erlernen. Nun gut, sieht auf Anhieb robuster aus und ist bei weitem mehr Hund, als ich mir das vorgestellt hatte, aber was soll`s. Wir können ja mal vorbeifahren.

Im Laufe des Abends treffen trotz des vereinbarten Besichtigungstermins mehrere Mails mit weiteren Hunden aus einem polnischen Tierheim ein, die alle untergebracht werden sollen. Ein offenbar rosafarbenes, fusseliges Fellbündel mit Namen Gumel, Terriermix Diana und ein circa einjähriger Mischling namens Otto. Und bei dem Hund macht es im Hinterkopf leise klick. Egal, Rechner aus, denn morgen wird Cora besucht. Es folgt eine unruhige Nacht, alle Träume drehen sich um einen Rottweiler in meiner Wohnung.

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