Kuckuck, da bin ich …

Abend, 20.20 Uhr – Der bereits bekannte VW Caddy rollt in unsere Einfahrt. Am Steuer Frau Freudenthal, auf dem Beifahrersitz eine mir unbekannte Dame. Die Beifahrertür geht auf und heraus hüpft quietschfidel, übermütig und vor Aufregung vollkommen losgelöst – Otto. Mein Gott, die Fotos waren schon zuckersüß, aber das Original übertrifft jede Aufnahme. Ein gewaltiger, durchsichtiger Trichter um den Hals hindert den Hund daran, seine Nase sofort Richtung Boden zu senken und sämtlichen Straßenstaub zu inhalieren. Wenn man als Hund nicht schnüffeln kann, muss man eben wie wild herumspringen. Und anspringen.

Das erste, was der Hund anspringt und abschlabbert, ist Kira. Damit steht es nach nur sieben Sekunden schon 2:0 für den Hund. Wer mein Kind so begrüßt, hat schon gewonnen. Ich werde weitestgehend ignoriert, alles andere ist momentan wichtiger. Und apropos wichtiger, wo ist eigentlich meine bessere Hälfte? Die steht etwas abseits, direkt neben einem explodierten Perserteppich. Allerdings hat dieser Teppich einen wedelnden Schwanz am einen Ende, aus dem anderen hängt eine Zunge. Demnach muss es sich dabei um den Hund namens Gumel handeln und der ist wirklich witzig. Nicht sonderlich attraktiv, aber er versprüht seinen eigenen Charme. Auf alle Fälle ein Hund, mit dem man auffällt. Wäre Otti nicht, hätten wir uns mit Sicherheit für diesen Flohzirkus auf vier Pfoten entschieden.

Wir werden instruiert, Otto um Himmels Willen nicht von der Leine zu lassen. „Der Hund ist noch vollkommen doof! Der kennt weder Autos, noch Straßen, noch sonst irgendetwas. Ist die Leine ab, ist der Hund weg.“ Ich verabschiede mich innerlich vorerst von dem Gedanken an entspannte Spaziergänge und Radtouren mit meinem treuen Hund, der mir auch ohne Leine nicht von der Seite weicht.

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Der Trichter soll zumindest heute und morgen noch nicht abgenommen werden, da der Hund gestern erst operiert wurde und sich noch wundlecken könnte. Es erfolgt die Übergabe des polnischen Impfpasses, der allerdings aussagt, dass Otto erst maximal 5 Monate alt ist. War da nicht die Rede von knapp einem Jahr? Egal, Treffpunkt am Sonntag beim Tierarzt in Hennigsdorf zur Nachuntersuchung, Übergabe von vier Spritzen für die Tierärztin, die Leine wird uns in die Hand gedrückt und weg ist Frau Freudenthal nebst Gefolge. Die von ihr generalstabsmäßig geplante Aktion hat keine vier Minuten gedauert. Etwas irritiert stehen wir zu dritt mit einem in alle Richtungen zerrenden Hund wie bestellt und nicht abgeholt. Nun gut, zeigen wir Otto also erst einmal sein neues Heim. Vorbei an einigen Nachbarn, die mehr oder weniger über den Neuzugang erfreut sind („Hoffentlich ist der so gut erzogen, wie die anderen Hunde hier?!“), geht es in die Wohnung.

Ottos erster Weg führt ohne Umwege in Kiras Zimmer. Und es folgt prompt das, wovor ich mich gefürchtet habe: Der Hund pinkelt auf Teppich Nummer 1. Da nützt kein Erheben der Stimme durch die etwas irritiert dreinblickende beste aller Ehefrauen, denn damit nicht genug. Kaum fertig, pinkelt der Hund auf Teppich Nummer 2. Kira ist bedient, weil ihr Kinderzimmer als Hundeklo missbraucht wird, Andrea ist bedient, weil sie nach knapp einunddreißig Sekunden die ersten Teppiche reinigen muss und ich bin bedient, weil meine Befürchtungen wahr geworden sind. Toller Einstand Otto, der Niedlichkeitsfaktor hat erste Dellen.

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